Wo die Neugier nicht erlaubt ist, herrscht oft moralisches Schweigen. Denn wer zu wenig Informationen hat oder nicht weiß, was gerade passen könnte, zieht sich erstmal zurück. Jana Huster zelebriert ihre Neugier und gerät in unvorhersehbare Situationen. Zum Glück ist sie mit einer geradezu raffinierten Unbefangenheit ausgestattet und betrachtet die Menschen mit ihrem eigenen Blick. Nicht selten beobachtet sie etwas Anderes als die meisten von uns. Wer dieses Buch liest, wird manchmal den Atem anhalten. Darf man das so schreiben? »Flüchtige Begegnungen« geschehen vor der Grundschule, im Viertel am Südbahnhof, am Küchentisch, in der Moschee und in der Straßenbahn. Geflüchtete tauchen ebenso auf wie die Bürgerinnen und Bürger ihrer Heimatstadt Gera. Diese sind oft eigenartiger als der Syrer selbst, wie Jana Huster vielleicht sagen würde.
Dank der neuen Mitbewohner Geras ist die Gebrauchsanweisung fürs Bad nun in mehreren Sprachen verfasst. Unter anderem steht darin, dass der Fußboden im Bad glatt ist und Rutschgefahr besteht. Aus diesem Grunde sei das Laufen verboten.
Ich: »Oh Mist, ich kann keinen Handstand.«
Kassiererin: »???«
Ich: »Naja, wenn ich im Bad nicht mehr laufen darf, muss ich doch irgendwie ins Wasser kommen.«
Als wir gehen, starrt sie noch immer auf den Zettel.
Wenn die Badegäste aus anderen Ländern jetzt alle vorschriftsgemäß durch die Schwimmhalle kriechen, hopsen, auf Händen laufen oder gar krabbeln, wird es auch wieder nicht richtig sein.
Flüchtige Begegnungen – Geschichten über Fremdes und Vertrautes, erzählt mit einem Augenzwinkern und viel Herz.
Jana Huster - Flüchtige Begegnungen, 158 Seiten, Klappenbroschur, ISBN 978-3-941935-13-6, Ladenpreis 14,00 EUR